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Zeit für die (w/r)ichtigen Fragen

Das Bauchgefühl führt vielerorts zur Büropflicht. Dabei geht es im Kern um etwas anderes.

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Hallo liebe Medienmacher:innen,
liebe New Work Enthusiast:innen,
liebe „Irgendwas mit Medien“-Interessierte,
liebe alle,

die Debatte um den richtigen Arbeitsort, also das Homeoffice und/oder das Büro, findet kein Ende. Vielleicht gibt es das auch nicht, schließlich ist das Thema komplex und von Unternehmen zu Unternehmen, von Team zu Team und auch von Mitarbeiter:in zu Mitarbeiter:in unterschiedlich.

Umso mehr verwundern mich in den vergangenen Wochen weitere Bekanntmachungen von Firmen, die zu großen Teilen zu einer Büropflicht zurückkehren wollen. Denn Grundlage für die Entscheidung ist meist nur eins: das gute alte Bauchgefühl. Und dabei arbeiten wir doch (fast) alle inzwischen mit Daten, Dashboards und messen, welche Maßnahmen welchen Effekt haben. In diesem Punkt dann aber nicht?

In Begründungen werden verschiedene Worthülsen angeführt. „Unternehmenskultur“ und „Zusammenarbeit“ etwa: Soooo wichtig. Dem stimme ich grundsätzlich zu, aber wieso werden andere Fakten dazu nicht berücksichtigt? Das passt nicht zusammen.

Die heutige Crunchtime-Ausgabe ist daher (ungewollt) ein Plädoyer geworden: Für eine andere Diskussion, in der endlich die richtigen und wichtigen Fragen gestellt werden. Welche das aus meiner Sicht sind, erfahrt ihr unten.

Wie immer freue ich mich über eure Sicht der Dinge. Schreibt mir also gerne eine Nachricht. 

Und jetzt wünsche ich euch einen guten Start in die neue Woche! Und das, egal ob ihr im Homeoffice oder im Büro seid …

Let’s go!

Liebe Grüße
Benni

What's the play today?

Bauchgefühl schlägt valide Datenbasis

Im Arbeitskontext wird heute fast überall mit Daten gearbeitet und entschieden. Doch beim Thema Arbeitsort erlebt das Bauchgefühl eine Renaissance: der Arbeitsort der Mitarbeiter:innen.

In vielen Unternehmen fehlt es an Daten, die den Zusammenhang zwischen Arbeitsort und Effizienz der Mitarbeiter:innen belegen. Trotzdem kommen immer mehr Unternehmen zu dem Schluss, dass das Homeoffice für die wirtschaftlich schwierige Lage zumindest mitverantwortlich ist. Die Rückkehr zur Büropflicht erscheint als rettende Lösung. Das soll alles verbessern – ganz sicher.

Die Begründungen für die Rückkehr ins Büro betonen häufig die „Unternehmenskultur“, den „Austausch der Mitarbeiter:innen“, die „persönliche Zusammenarbeit“ und die „Stärkung der Teamdynamik“. Dass sich die Lebensrealitäten und Bedürfnisse vieler Mitarbeiter:innen sowie die Umstrukturierungen in den letzten Jahren verändert haben, etwa durch Umzüge, geänderte Tagesabläufe und kleinere Büroflächen, wird dabei ignoriert.

Höhere Anwesenheit = bessere Leistung?

Zudem bleiben die genannten Begriffe inhaltsleer, solange sie nicht von allen Mitarbeitenden, einschließlich der Führungskräfte, mit Leben gefüllt werden. Auch, dass Teams unterschiedliche Arbeitsweisen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit haben, wird meist übersehen. Stattdessen existiert eine universelle Lösung für alle – so wie es in der Vergangenheit (unter völlig anderen Bedingungen) funktionierte.

Einem Bericht des Handelsblatts (H+) von vor einigen Tagen zufolge bestätigt jedoch keine Studie oder Zahl, dass eine höhere Anwesenheit automatisch zu besserer Leistung führt. Überraschung!

Für das Engagement und die Verbundenheit von Mitarbeiter:innen, auf die eine pauschal angeordnete Büropflicht durchaus Auswirkungen haben kann, gibt es jedoch im Gallup Engagement Index 2024 eindeutige Zahlen:

  • Der Anteil der emotional gebundenen Mitarbeiter:innen an ihre Arbeitgeber lag im vergangenen Jahr bei nur 9 Prozent – ein Rekordtief.

  • Die deutsche Wirtschaft verlor 113,1 Milliarden Euro durch innere Kündigungen und die daraus resultierenden Produktivitätseinbußen.

  • Nur 34 Prozent der Beschäftigten planen, mehr als 3 Jahre beim aktuellen Arbeitgeber zu bleiben.

  • 16 Prozent der Mitarbeitenden sind mit ihrer Führungskraft rundum zufrieden (2022 waren es noch 41 Prozent), und nur 21 Prozent vertrauen ihrer Führungskraft.

  • 25 Prozent der Arbeitnehmer:innen glauben, dass das Unternehmen die zukünftigen Herausforderungen erfolgreich meistern wird.

  • 38 Prozent der Mitarbeiter:innen bezweifeln, dass ihr Unternehmen den Bedarf an Fachkräften decken kann.

Stellt endlich die richtigen Fragen

Es wird also höchste Zeit, dass Unternehmen sich die wirklich wichtigen Fragen stellen:

  • Wie arbeiten wir effektiv zusammen, um unsere Ziele zu erreichen?

  • Wie beziehen wir die Expertise unserer Mitarbeiter:innen ein?

  • Was müssen wir ändern, damit unsere Mitarbeitenden langfristig und erfolgreich bei uns bleiben?

Diese Fragen sollten im Mittelpunkt stehen – nicht: Wo arbeitet wer? Wie oft ist wer im Büro?

Erst dann kann eine wirkliche „Unternehmenskultur“ entstehen, in der Mitarbeiter:innen und Führungskräfte auch durchaus zum Ergebnis kommen können, einen Großteil oder sogar die gesamte Zeit im Büro zusammenzuarbeiten. Hauptsache ist jedoch, dass genug engagierte Mitarbeiter:innen bleiben, um die aktuellen und noch kommende Herausforderungen zu bewältigen. Denn ohne Mitarbeiter:innen gibt es keine Unternehmen.

Timeout

Wie blickt ihr auf die Diskussion über das Homeoffice? Wie geht ihr damit um? Wie wird es bei euch geregelt?

Love for the game

Die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn sucht noch bis zum 15. April eine:n Volontär:in in der Redaktion. Mehr zur Stelle findet ihr hier.

Bisherige Ausgaben aus 2025

Alle rund 20 Crunchtime-Ausgaben aus dem Jahr 2024 findet ihr hier.

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Fünf Minuten sind im Basketball eine Ewigkeit. 13 Punkte Führung nichts. Eindrucksvoll gezeigt von den Chicago Bulls gegen die Los Angeles Lakers. Aber immerhin endlich wieder eine Bilderbuch-Crunchtime. Seht selbst.